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Story
Franz und das „Gilfenvirus“

Wenn die Schlucht ruft...

„Muasch wieder in die Gilf…“, hört Franz seine Frau sagen, wenn er morgens um 5 das Haus verlässt.

Tausende Male war er schon dort, meist um halb sechs, vor allem nach Regen. Zügig, noch vor den ersten Besuchern, geht Franz den Ratschingser Bach entlang, steigt Serpentinen hoch, durch bemooste Felswände und dichten Wald, über ihm der Himmel, unter ihm schäumende Becken, vor ihm donnernde Wasserfälle. Das Naturdenkmal zwischen Stange und Jaufensteg ist eine der spektakulärsten begehbaren Schluchten im Alpenraum. Und Franz hält sie in Schuss. Er kennt den Weg blind, weiß aber nie, was ihn erwartet. Deshalb zählt für ihn jeder Tag. Schließlich wollen mehr als 70.000 Besucher die Klamm jedes Jahr erleben.

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Franz, gelernter Zimmerer mit eigener Werkstatt, kennt die Klamm seit 30 Jahren. „Seitdem“, sagt er, „habe ich das Gilfenvirus.“
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Hüter der Schlucht: Franz' unermüdlicher Einsatz für die Gilf
Müll aufsammeln, Gras mähen, Wege aufschottern – Arbeit gibt es immer. Steine wirft er in die Schlucht; größere bleiben für den Geologen. Seit fünf Jahren wird die Schlucht millimetergenau überwacht, mit Glasspiegeln in den Felsen. 41 Brücken und zwölf Übergänge hat Franz mit Helfern aufgebaut, oft dabei: Joe. „Auf ihn kann ich mich verlassen.“ Einmal haben sie fünf kaputte Brücken auf einmal abgebaut und neue montiert. 2021, als Schnee den halben Wald niederdrückte, krochen sie durch die Schlucht, fällten Baum für Baum und bauten Brücken neu. Innerhalb zweieinhalb Monate war die Klamm wieder begehbar.

Zwischen Felsen und Gnade: Franz' Dankbarkeit für die Kraft der Natur

In der Nähe der „Kirche“, wo das Wasser über grün schimmernde Marmorwände stürzt, stellten Franz und Joe ein Wegkreuz auf – als Dank dafür, dass alles gut ging.

 


„Einen Weg kannst du pflegen, doch gegen Naturgewalten bleibst du machtlos."


Jedes Mal, wenn er durch die Klamm geht, denkt Franz, in was für einer schönen Welt er lebt und wie lange er diesen Job noch machen kann. Franz ist 56 und betreibt mit seiner Frau Petra, ehemalige Biathletin, den Verleih „Rent and Go Schölzhorn“.

Fotos: Tourismusverein Ratschings
Text: Renate Rreitenberger